Bad Segeberg. Eine Idee, die Nachahmer sucht, kam den 80 Abiturienten des Städtischen Gymnasiums in Bad Segeberg. Nachdem der Abiball aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt worden war, überlegten sich die jungen Erwachsenen, was sie mit dem bereits eingesammelten Geld anstellen sollen. Nach Absprache mit den Sponsoren spendeten die ehemaligen Gymnasiasten 529 Euro an die „Praxis ohne Grenzen“. Die Einschränkungen in einer der wichtigsten Phasen ihres Lebens waren heftig. Unter besonderen Hygienebedingungen mussten Tausende Schüler im Frühjahr ihre Abiturprüfungen ablegen. Ein Abiball sollte der krönende Abschluss einer erfolgreich abgeschlossenen Schulzeit sein. Doch aus der großen Sause wurde nichts. Wie in ganz Schleswig-Holstein und weiten Teilen Deutschlands musste der Termin gestrichen werden. Eine Alternative bot sich nicht an. „Wir haben uns gefragt, was mit dem bereits eingesammelten Geld geschehen soll“, erklärt Maja Lammers, die im Abiballgremium vertreten war. Eine Gruppe von Abiturienten um Maja Lammers, Arthur Wagemann und Jorina Wogan hatte eine Idee: Weil das Geld nicht zurückgefordert wurde, wollten sie es für wohltätige Zwecke verwenden und es der „Praxis ohne Grenzen“ in Bad Segeberg spenden. „Wir haben mit den Sponsoren gesprochen“, sagt Jorina Wogan. Alle seien einverstanden gewesen, den dreistelligen Betrag an einen gemeinnützigen Zweck zu geben. „Uns war wichtig, dass es ein regionales Projekt ist“, erläutert Arthur Wagemann. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen und ein Vorbild für andere sein.“ „Das ist große Klasse“, meint Dr. Uwe Denker, der die Praxis ohne Grenzen vor rund zehn Jahren ins Leben gerufen hat. Der Arzt im Ruhestand freut sich über die dringend benötigte Geldspritze. Neben den Behandlungen in der Praxis am Kirchplatz 2 überweist Dr. Denker auch Patienten an andere Einrichtungen und hilft bei der Finanzierung der Behandlungskosten. Medizinisch notwendige Operationen können so durchgeführt werden. Die Patienten erhalten wieder mehr Lebensqualität. Teilweise sind die Operationen sogar lebenswichtig. „Es ist sehr schön, wenn man hört: Herr Doktor, Sie haben mir das Leben gerettet.“ Der Kontakt zur Praxis ohne Grenzen ist entstanden, da Jorina Wogan im Rahmen eines Schulprojekts ein Interview mit Dr. Denker geführt hatte. „Gesundheit ist ein Menschenrecht“, hebt Dr. Denker hervor. „Die gesundheitliche Versorgung von Menschen ist eine öffentliche Aufgabe.“ Oft werde mittellosen Menschen der Zugang zu einer grundlegenden medizinischen Versorgung aber verwehrt. Das läge zum großen Teil am deutschen Gesundheitssystem. In Bad Segeberg seien es hauptsächlich deutsche Mittelständler, die das Angebot der Praxis ohne Grenzen in Anspruch nehmen. Wenn die Patienten die private Krankenversicherung aus finanziellen Gründen nicht mehr bezahlen können, geraten sie im Falle einer kostspieligen Operation oder langwierigen Behandlung in einen Teufelskreis. Oft seien davon auch Kinder betroffen. Daher hofft Dr. Denker auf weitere Spenden, um möglichst vielen Menschen helfen zu können.

Matthias Ralf